Tag 19: Kingman – Lake Havasu City

Schnee fiel heute früh zum Glück keiner. Dafür fanden wir zu unserer grenzenlosen Begeisterung heraus, dass zuhause in der Schweiz das Wetter pünktlich zu unserer Rückkehr drehen und winterlich werden wird. Genau das hatten wir befürchtet.

Während wir hier quasi dem Winter entfliehen wollten (zumindest war dies teilweise der Plan), wunderten sich die Daheimgebliebenen über den viel zu warmen Dezember. Da müssen wir wohl durch – man kann’s schlecht ändern…

Anstelle des Schneefalls von gestern schien also die Sonne. Zusätzlich ging aber ein heftiger, eiskalter Sturmwind. Und dies gnadenlos den ganzen Tag lang, egal wo in Arizona wir uns befanden…

Dies trübte unsere Abenteuer- und Photolust doch ziemlich; irgendwann hat man es einfach gesehen, wenn man kaum die Autotür aufbekommt, den Hoteleingang vom Wind verriegelt findet oder fast von den Schuhen geweht wird.

Vor dem Aufbruch gabs Frühstück im Denny’s. Wenn schon, denn schon – und genehmigten uns je einen Lumberjack Slam. Hervorragender Plan – wir verspürten bis zum Abend keinen Hunger mehr. Dieses Mahl hatte es wirklich in sich.  🙂

Nach dem Auftanken bei der definitiv unfreundlichsten Benzin-Kassiererin des Staates düsten wir los zu Task 1 des heutigen Tages: das R66-Sign auf Kingman’s Hauptstrasse in die Kamera bannen. Der Plan war eigentlich, auf dem Bild noch Rodeo zu integrieren, aber weil uns etwas an dem Kleinen liegt, mussten wir ihn sicherheitshalber im Auto lassen; der arme Kerl wäre sonst wohl durch halb Arizona geflogen. Das Pic war auch so noch eine Herausforderung, liegt das Sign doch mitten auf einer 4spurigen Strasse… Also erst mal warten, bis auf vier Lanes keiner mehr kommt, dann im Sturmwind zur Strassenmitte hechten, ablichten, retour und möglichst schnell in den Wagen, weil sonst akuter Tod durch Erfrieren oder Wegwehen drohte. Netter Frühsport also, aber es hat sich gelohnt, das Bild ist im Kasten.  🙂

Weiter gings auf der Motherroad, immer schön Richtung Südwesten. Am Stadtrand gabs übrigens nochmals das Logo auf der Strasse, diesmal weit einfacher abzulichten, und so kam auch Rodeo zum Zug.

Anschliessend fuhren wir durch einen Sandsturm, danach langsam in die Berge, wo allerlei verschiedene Kaktusse wachsen, ein nettes kleines Wäldchen, bestehend aus einem Gemisch von Kaktussen, Wüstenpalmen und normalen Büschen.

Auf der Passhöhe wähnt man sich von einem Meter auf den andern in einem komplett anderen Film. Radiosender rauscht nur noch, Palmen-Kaktus-Buschwald ist weg und weicht einer grauen Steinwüste. Bamm!

Den ganzen Berg wieder runter bis Oatman. Dieses alte Minenstädtchen ist einen kurzen Stop wert; es gibt da für R66-Fans viel zu sehen, obwohl es für unseren Geschmack zu touristisch und zu kitschig war. Der Original Route-66-Touch fehlt, aber Spass macht es trotzdem, einmal die Mainstreet rauf und runter zu wandeln. Auch einer der ansässigen Burros stand auf dem Dorfplatz für Photos – wenn man ihn gefragt hätte, wohl eher für Hay Cobs – bereit.

Auch hier war der nervige Wind schwer zu ignorieren, und so flüchteten wir weiter Richtung Süden. Wirklich kultig sind die zahlreichen geschmückten Büsche am Strassenrand, während der nächsten paar Meilen, da sind echt sehenswerte improvisierte Weihnachtsbäume darunter!

Bei Topock endet die Historic Route 66, resp man muss wieder die I-40 nehmen. Spielte für uns nicht so eine Rolle, weil wir eh das südlicher gelegene Lake Havasu City ansteuern wollten. Wir haben noch kurz den Colorado River bewundert, wo wir offenbar zwei (eher illegale) Entenjäger bei ihrem makaberen Hobby gestört und in die Flucht geschlagen haben. Ein Roadrunner stand als Dankeschön noch kurz Pose für ein Erinnerungsbild, danach fuhren wir los, unserem Tagesziel entgegen. Die Windböen schoben den Cherokee zwischenzeitlich fast schon auf der Interstate hin- und her, aber immerhin stieg die Temperaturanzeige langsam, aber stetig nach oben. YES. Endlich hat das Frieren ein Ende – so schön es in den Bergen auch war, jetzt brauchen wir noch ein wenig Sonne und Chillen!  🙂

Lake Havasu City ist ein Phänomen für sich; man traut seinen Augen hier echt kaum, wenn man sich vor Augen hält, dass diese Stadt in den 60er Jahren von einem Multimillionär einfach so aus dem Boden gestampft wurde und sich seither zu einer über 42’000-Nasen-Gemeinde entwickelt hat… Der nette Herr hat eine in London abgerissene Brücke Stein um Stein nach Amerika transferieren und hier wieder aufbauen lassen. Sogar extra aus der Halbinsel mittels einem künstlichen Kanal eine Insel gemacht. Und vermarktet seine London Bridge seither mit grossem Erfolg als Tourismus-Attraktion, und die Insel als Partymeile für Bootsbesitzer aus halb Californien…

Aufgrund des immer noch nervigen Windes hielt sich auch hier unsere Abenteuerlaune in Grenzen, also buchten wir kurz unser Hotel auf Lake Havasu Island und machten anschliessend eine kleine Inselrundfahrt, bevor wir unser Zimmer bezogen und den Walmart ansteuerten.

Hunger auf Nachtessen hatten wir – man glaubt es kaum – immer noch keinen. Und wir haben seit dem Frühstück wirklich keinen Krümel mehr gegessen, nicht mal Chips oder andere Leckereien!  🙂

Also erst mal nochmals zum Strand, weil die Sonne grad so nett unterging und wir ja noch ein wenig stürmische Urlaubsromantik verbreiten wollten. War super; erst kam man nicht aus dem Auto, danach kaum mehr rein. Und dazwischen wurde man fast von den Klippen geblasen, während man konzentriert den farbenprächtigen Sunset ablichtete – oder es mindestens versuchte. Zum Glück war die Sonne schnell unten und wir zurück im Wagen!  😉

Im Walmart wollten wir einige kleine Besorgungen machen, aber das war mehr ein Vorwand. Hauptgrund war tatsächlich eine gewisse Sensationsgeilheit, das muss ich zugeben. Wir können uns einfach nicht satt sehen an den Dimensionen hier – und die waren auch heute wieder inspirierend.

Möchte man morgen z.B. fertigen Kartoffelsalat zum Mittagessen? So kann man den gleich kiloweise (resp. Eimerweise) einkaufen da. Halbe Schweine und Kühe liegen bereit. Ganze Kübel mit servierfertigem Blattsalat. Eine beneidenswerte Auswahl an verschiedenen Frühstücksflocken hat es da, von den unzähligen verschiedenen PommesChips-Flavours ganz zu schweigen.

Unterwäsche füllt ganze Regalreihen, mindestens ebenso viele Schuhe oder Kosmetikprodukte findet man da… Allein die Schminksachen füllen 2seitig 3 Regalreihen!

Am faszinierendsten war die Alkoholabteilung: 1,5-Liter-Flaschen sind da Standard, und auch hier eine gigantische Anzahl verschiedener Flavours; Beispiel Smirnoff: Smirnoff normal, Smirnoff Himbeere, Smirnoff Orange, Smirnoff Peppermint, … und noch mindestens drei, vier weitere Sorten. Und dies dann mit Margarita, Rum, Whisky (Zimt-Whisky gefällig?), etc. Man traut seinen Augen kaum. Da wir beide zwar Akrophobiker, aber keine Alkoholiker sind, haben wir es beim Gaffen belassen, uns dabei aber köstlich amüsiert. Schliesslich war die Futterkiste wieder aufgefüllt und unsere Neugier gestillt, und so steuerten wir erneut das Denny’s an (man muss ja im Rhythmus bleiben), um lecker Dinner zu schlemmen, bevor wir uns im Hotelzimmer verschanzten.

Wir bestellten unisono den Salat, welcher uns schon am Morgen verlockend erschien, und wir wurden nicht enttäuscht; er war wirklich köstlich. Denny’s hat seit heute einen (oder zwei) grosse Fans mehr in seinen Reihen.

Satt und zufrieden fuhren wir zurück auf unsere Insel und haben ausgiebig Frosch-Sport betrieben – die Tap-The-Frog-Battle ist eröffnet! Ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen – leichter Vorteil Cowboy.


 

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